Arzneimittelentwicklungsaufstellung (AMEA) – Ansatz, Idee und Durchführung
von: Gabriela Hoppe
| 7. Oktober 2015

Gemeinsam mit meiner Kollegin Heike Vespermann (HP, Systemische Therapeutin und anerkannte Systemaufstellerin (DGfS) biete ich regelmäßig Arzneimittelentwicklungsaufstellungen (AMEA) in Form einer einzeln oder auch komplett buchbaren Aufstellungsreihe an.

Da wir immer wieder gebeten werden, das Konzept „AMEA“ näher zu erläutern, nutze ich den heutigen Beitrag als Plattform, um genau dies zu tun und hoffentlich auch anderen Interessierten Zugang zu diesem tollen Werkzeug zu bieten!

Zunächst für Eilige und zum grundlegenden Verständnis eine Art Kurzzusammenfassung des Konzepts AMEA vorab:

Die AMEA (Arzneimittelentwicklungsaufstellung) basiert auf Methoden und Prinzipien der systemischen Aufstellungsarbeit. Mittels Stellvertretern werden typische (Leit-)Symptome eines Arzneimittels sowie ein potenzieller Patient aufgestellt. Positionen, Abstände, Blickrichtungen und Empfindungen der Vertreter geben Aufschluss über Zustand von und Dynamiken zwischen Symptomen und/oder Patient. Anders als Arzneimittellehren, die Symptome auflisten und nach Häufigkeit bewerten, kann eine AMEA Symptome in Beziehung setzen: Während schrittweiser Erhöhung der Mittelpotenz können die Entwicklung des Patienten, der einzelnen Symptome und von Beziehungen zwischen Symptomen beobachtet werden. Typischerweise transformieren sich im Verlauf pathologische Symptome zu positiven Anteilen und kraftvollen Ressourcen.

Arzneimittelverreibung und Arzneimittelprüfung wurden schon von Hahnemann beschrieben und stellen die Grundlage seiner homöopathischen Forschungen dar. Jeder Homöopath kennt diese Methoden als Basis der homöopathischen Arbeit. Arzneimittelentwicklungsaufstellungendagegen sind ein relativ neues Werkzeug zum Erkenntnisgewinn über Wirkweisen homöopathische Arzneimittel. Das Vorgehen bei einer AMEA orientiert sich an den grundlegenden Prinzipien systemischer Aufstellungen, die in Deutschland insbesondere durch Bert Hellinger und sein Familienstellen populär wurden. Stellvertreter übernehmen in einer systemischen Aufstellung die Rollen von Elementen des aufzustellenden Systems und nehmen stellvertretend für diese (unterschwellig) vorhandene Energien, Beziehungen, Muster und Dynamiken des Systems wahr. Elemente können neben Personen beispielsweise auch Zustände, Gefühle, Ziele, innere Anteile, Ressourcen, Hindernisse oder Krankheitssymptome sein.

Wiest und von Kibéd  führten 1998 die Leitsymptomaufstellung (LSA) bzw. Arzneimittelbildaufstellung (AMBA) im Kontext der Homöopathie ein. [1] Ihr Format stand Pate für die von uns durchgeführte AMEA.[2] Zusätzlich zu charakteristischen Symptomen eines Arzneimittels (typischerweise den Leitsymptomen) stellen wir demgemäß einen „potenziellen Patienten“ mit auf. Dieser stellt eine unmittelbare Verbindung zwischen den aufgestellten Symptomen her und bietet sozusagen einen synthetischen Zugang zur Gesamtheit der Symptome. Dies trägt insbesondere auch der Tatsache Rechnung, dass in der Homöopathie keine Krankheiten oder Symptome, sondern Menschen behandelt werden, die eben diese Symptome aufweisen.

Für Leitsymptome sowie potenziellen Patienten treten Stellvertreter ins Feld, die sich positionieren und in verschiedenen von einem Aufstellungsleiter moderierten Befragungsrunden ihre Eindrücke, Empfindungen und Impulse kundtun. Schrittweise wird die Potenz des aufgestellten Mittels (i.d.R. ebenfalls über Stellvertreter) erhöht. Nach jeder Potenzerhöhung werden Bewegungsimpulse aufgenommen und jeder Stellvertreter äußert sich erneut zu Veränderungen.

Mittels dieses Vorgehens wird es möglich, die Entwicklung eines Arzneimittels im Verlauf verschiedener Potenzgaben auf verschiedenen Ebenen zu beobachten:
Jedes Symptom kann für sich betrachtet werden, die Bezüge zwischen Symptomen bzw. die Dynamik der Symptome untereinander steht im Blickpunkt, aber auch die Entwicklung der Symptome bezogen auf den Patienten bzw. die Entwicklung des Patienten in Bezug auf die Symptome ist beobachtbar. Und dies alles mit Blick auf die Transformation im Verlauf der schrittweisen Potenzerhöhungen, so dass sich Ebenen heilsamer Potenzen zeigen können.

Anders als in Arzneimittellehren, die Symptome lediglich auflisten und anhand ihrer Erscheinenshäufigkeit evaluieren, kann eine AMBA bzw. AMEA also Symptome in Beziehung setzen. Möglicherweise zeigen sich laut Krüger anhand der Position und Dynamik im System (z.B., weil ein Symptom zentral steht und sich alle anderen Symptome darum gruppieren) sogar zentrale Symptome und damit eventuell die Wurzel der Problematik eines Arzneimittels.[3]

Typischerweise transformieren sich erfahrungsgemäß im Rahmen einer Aufstellung alle pathologischen Symptome im Laufe der Hineingabe von immer höheren Potenzen zu positiven Persönlichkeitsanteilen und kraftvollen Ressourcen. Die Symptome werden demnach von Anfang an als Symbole mit intendiertem Reframing[4] betrachtet; das bedeutet, der „Name“ der Symptome darf sich jederzeit im Prozess verändern und ist sozusagen als Arbeitstitel zu verstehen.

Die AMEA bietet somit eine andere Ebene der Beschäftigung mit und des Zugangs zu homöopathischen Arzneimitteln. Ich sehe sie aus diesem Grund auch als ein wichtiges Standbein der intensiven Beschäftigung mit einem Arzneimittel. Die Trias aus Arzneimittelverreibung, Arzneimittel(blind)prüfung und Arzneimittelentwicklungsaufstellung stellt für mich ein großartiges Instrument dar, Arzneimittel intensiv und auf mehreren Ebenen kennenzulernen – sowohl aus der Motivation der Selbsterfahrung heraus als auch unter dem Aspekt der Erforschung neuer Arzneimittel.

In den von mir regelmäßig durchgeführten Arzneimittelbegegnungen werden daher alle drei genannten Instrumente kombiniert genutzt, um ein Arzneimittel intensiv kennenzulernen. Aktuelle Termine sind dem Vortrags- und Seminarkalender der Naturheilpraxis Gabriela Hoppe zu entnehmen. Über neue Gesichter freuen wir uns in jedem Seminar! 🙂

[1] Wiest, Friedrich/von Kibéd, Matthias Varga: „Homöopathische Systemaufstellungen – Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten“. In: Wiest, Friedrich/von Kibéd, Matthias Varga: „Das Feld der Ähnlichkeiten. Systemaufstellungen und Homöopathie“, Carl-Auer-Systeme Verlag 2003, S. 13-46.

[2] Der Begriff „AMEA“ wird anstelle von „AMBA“ (die im Prinzip dieses Vorgehen beschreibt) beibehalten, da a) das „E“ im Akronym den sehr wichtigen Transformations- bzw. Entwicklungsaspekt betont und b) weil der von Achtzehn/Krüger geprägte Begriff AMEA in Homöopathenkreisen geläufiger ist.

[3] Krüger, Andreas: „Heilung offenbart sich“. Interview, Juni 2005 (https://www.kgsberlin.de/archiv/eintrag/art39538.html?PHPSESSID=tof).

[4] Vgl. Sparrer, Insa: „Wunder, Lösung und System. Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellungen für Therapie und Organisationsberatung“. Carl-Auer-Systeme 2001, S. 140.