Gesunde Ernährung muss sich an der Person, nicht am Lebensmittel orientieren
von: Gabriela Hoppe
| 27. November 2015

Israelische Wissenschaftler protokollierten eine Woche lang das Essverhalten rund 800 Freiwilliger und fanden folgendes heraus: Unterschiedliche Menschen reagieren auf die selben Lebensmittel unterschiedlich, wenn es um den Anstieg des Blutzuckerspiegels geht.

Ihre Schlussfolgerung: Gesunde (und vor allem gewichtsreduzierende) Ernährung muss sich am Menschen orientieren, nicht am Lebensmittel!

Diese Aussage überrascht nicht, wenn man sich mit verschiedenen Ansätzen zur Optimierung des individuellen Stoffwechsels und zur individuell optimierten Ernährung beschäftigt hat – schließlich ist jeder Mensch anders, und es liegt nicht bei jedem Menschen dieselbe Stoffwechselsituation oder genetische Disposition vor.
Wenngleich es sicherlich auch einige generelle Empfehlungen zu „artgerechter Ernährung“ gibt, ist „gesunde Ernährung“ im Grunde immer nur typgerecht und individuell zu definieren. Entsprechende Empfehlungen sollten daher sinnvollerweise immer den individuellen Menschen, dessen Stoffwechselsituation und auch eventuelle Begleitsymptome zur Basis haben.

Die Untersuchungen der oben genannten Wissenschaftler bezogen sich primär auf den blutzuckersteigernden Effekt der verzehrten Lebensmittel. Diese Größe wird über den glykämischen Index beschrieben – je niedriger der glykämische Index, desto geringer der Blutzuckeranstieg; Traubenzucker bildet mit einem glykämischen Index von 100 den Referenzwert, an dem sich die anderen orientieren.
Der glykämische Index wurde bereits vor Jahrzehnten erstellt, indem auf Basis von Beobachtungen in Versuchsgruppen jedem Lebensmittel ein glykämischer Index zugeordnet wurde.
Generell geht die Empfehlung dahin, Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index vorzuziehen, da sie länger sättigen und einem ausgeglichenen Hormonaushalt Vorschub leisten.

Die Wissenschaftler stellten nun fest, dass Lebensmittel mit niedrigem glykämischen Index bei einigen Probanden einen hohen Blutzuckeranstieg hervorriefen. Im Gegenzug lösten Lebensmittel mit hohem glykämischen Index bei einigen Probanden nur eine niedrige Blutzuckerantwort aus! Dies führt zu dem Schluss, dass ein blutzuckerzentrierter Ernährungsplan nur individuell und (zumindest auf Basis aktueller Untersuchungsmethoden) nur nach sehr umfangreichen Beobachtungen erstellt werden kann. Insbesondere für Diabetiker ist dies eine wichtige Information!

Natürlich ist der glykämische Index nur ein Kriterium dafür, ob ein Lebensmittel „gesund“ ist; Fettgehalt, Eiweißgehalt, Nährstoffdichte, Qualität und Kaloriengehalt sind beispielsweise weitere Maßgrößen.
Weiterhin ist (typgerecht) natürlich auf ein ausgewogenes Verhältnis aller Nährstoffe zu achten.

Da jedoch der Blutzuckerspiegel einen wichtiger Dreh- und Angelpunkt bei Gewichtsreduktion, Stressmanagement und auch vielen Zivilisationskrankheiten darstellt, verstärken die gewonnenen Erkenntnisse eindrucksvoll die Notwendigkeit einer Personalisierung gesunder Ernährung.

Die Forschungen zur „Personalisierung des glykämischen Index“ müssen sicherlich noch vorangetrieben werden müssen, vor allem, um die Erkenntnisse auch handhabbar und praktisch anwendbar zu machen.

Jedoch auch heutzutage existieren bereits Stoffwechseloptimierungsprogramme, die sich an individuellen Messgrößen orientieren. gesund & aktiv ist eines davon, das ich guten Gewissens empfehlen kann und das ich auch in meiner Praxis einsetze.

Zeevi, D. et al.: „Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses“. In: CELL, Volume 163, Issue 5, p1079–1094, 19 November 2015 (https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674%2815%2901481-6)