Mastzellen & Histamin – wenn dein Immunsystem überreagiert

von: Gabriela Hoppe
| 17. Oktober 2025

Histamin und Mastzellen verstehen und beruhigen mit Dr. Gabriela Hoppe | Erfolg durch ganzheitliche Regulation | Reizdarm- und Stoffwechselspezialistin & Heilpraktikerin - Bild by CanvaKennst du das? Du isst etwas völlig Gewöhnliches (vielleicht ein Stück Käse, Tomaten, das wiederaufgewärmte Mittagessen von gestern) und kurz danach geht’s los: dein Bauch bläht sich, der Kopf pocht, der Puls steigt oder deine Haut wird plötzlich heiß und fleckig?
Dann könnte dein Immunsystem in Dauer-Alarmbereitschaft sein und Mastzellen könnten dabei die Hauptrolle spielen.

In meiner Praxis sehe ich täglich Menschen, die mit einer „Reizdarm“-Diagnose kommen – doch häufig steckt mehr dahinter. Denn ein „Reizdarm“ ist keine Ursache, sondern ein Symptom – oft ausgelöst durch eine Fehlregulation des Immunsystems, chronische Entzündungen und überaktive Mastzellen.

Was sind Mastzellen und warum machen sie Probleme?

Mastzellen sind spezialisierte Zellen deines Immunsystems. Sie sitzen überall dort, wo dein Körper Kontakt zur Außenwelt hat; also in der Haut, in den Schleimhäuten der Atemwege und vor allem im Darm.
Ihre Aufgabe: Sie schützen dich. Wenn sie Reizstoffe, Bakterien oder Entzündungen wahrnehmen, schütten sie Botenstoffe aus, darunter das bekannte Histamin.

Histamin ist dabei kein Feind! Es ist ein körpereigenes Hormon (ein sogenanntes biogenes Amin) und erfüllt wichtige Aufgaben:

  • Es erweitert Gefäße und steigert die Durchblutung,
  • reguliert Magensäure und Verdauung,
  • beteiligt sich an Immunreaktionen.

Problematisch wird es, wenn zu viel Histamin freigesetzt oder zu wenig abgebaut wird – etwa durch Stress, Infektionen, Fehlbesiedlungen oder Nährstoffmängel.

Wenn der Körper im „Dauer-Alarm“ bleibt

Sind die Mastzellen überreizt, geben sie permanent Histamin und andere Entzündungsstoffe ab. Das Ergebnis: eine Mastzellaktivierung, auch bekannt als Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS).
Typische Symptome sind:

  • Blähbauch, Durchfall oder wechselnder Stuhlgang
  • Hautrötungen (Flush), Juckreiz, Nesselsucht, Rosacea
  • Kopfdruck, Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, Brainfog
  • Herzrasen, niedriger Blutdruck, Müdigkeit, Erschöpfung
  • Schlafstörungen, Ängste oder innere Unruhe bis hin zu depressiven Verstimmungen

Diese Beschwerden werden häufig dem Reizdarm-Syndrom zugeschrieben, doch die Ursache liegt oft in einer Immunüberreaktion im Darm.

Histamin, DAO & HNMT: Wenn der Abbau stockt

Damit Histamin keine Probleme macht, muss es abgebaut werden. Dafür sorgen zwei Enzyme:

  • DAO (Diaminoxidase): Wird in der Darmschleimhaut gebildet und baut das Histamin aus der Nahrung ab.
  • HNMT (Histamin-N-Methyltransferase): Baut intrazelluläres Histamin in Geweben und Organen ab, vor allem in der Leber.

Wenn die „Fabriken“ dieser Enzyme geschwächt sind – z. B. durch Darmschäden, Entzündungen, Leberbelastung, Nährstoffmängel (Vitamin B6, Zink, Kupfer) oder genetische Varianten – staut sich Histamin im Körper an.
Das nennen wir Histaminose oder Histamin-Abbaustörung.

Viele Betroffene werden damit als „Histamin-Intoleranz“ diagnostiziert, obwohl es sich oft um eine sekundäre Störung im Darm oder Stoffwechsel handelt und nicht um ein primäres Enzymdefizit.

Verwirrend ist auch, dass es sich so oder so nicht um eine „Intoleranz“ gegenüber Histamin handelt – das wäre ja auch fatal, schließlich handelt es sich um einen körpereigenen Stoff!

Letztlich ist das Problem ein Histaminüberschuss, bedingt durch ein Zuviel an Histamin und / oder eine Störung im Abbau des Histamins.

Wenn der Darm die Mastzellen triggert

Der Darm ist Dreh- und Angelpunkt bei diesem Thema.
Etwa 80 % deines Immunsystems sitzen hier und im Bereich des Darms leben unzählige Mastzellen.

Kommt es zu Fehlbesiedlungen (SIBO, IMO) oder einer gestörten Darmbarriere (Leaky Gut Syndrom), geraten diese Zellen in Alarmbereitschaft:

  • Bakterielle Stoffwechselprodukte, Endotoxine oder Gase reizen die Schleimhaut.
  • Die Mastzellen schütten Histamin aus, um „Gefahr“ zu melden.
  • Die Schleimhaut wird durchlässiger.
  • Es gelangen noch mehr Reize ins System.
  • Ein sich selbst verstärkender Kreislauf entsteht. Ein Teufelskreis.

So wird aus einem vermeintlichen Reizdarm schnell ein entzündlicher Immunprozess.
Viele meiner Patient:innen berichten über starke Reaktionen auf histaminreiche oder fermentierte Lebensmittel, die sich bessern, sobald die Fehlbesiedlung behandelt wird.

Genetik & Stress – der unsichtbare Verstärker

Warum reagieren nun manche Menschen so stark, während andere dieselbe Mahlzeit problemlos vertragen?
Ein Teil der Antwort liegt in der Genetik.

Bestimmte Genvarianten (z. B. MTHFR, MAO-A, GST, COMT) beeinflussen:

  • wie gut du Histamin abbauen kannst,
  • wie du auf Stress reagierst,
  • und wie dein Körper mit Umweltgiften umgeht.

Das erklärt, warum Stress, Schlafmangel oder Hormonschwankungen bei vielen Betroffenen sofort Symptome auslösen – sie blockieren die Enzyme, die ohnehin auf Hochtouren laufen.

Warum Mastzellen keine Feinde sind

Einer meiner beliebtesten Sätze ist: Dein Körper ist dein bester Teampartner.

Und das gilt auch im Bereich Mastzellen und Histamin.
Mastzellen sind nicht „böse“ – sie sind überfordert.
Sie wollen dich schützen, brauchen aber die richtigen Rahmenbedingungen, um wieder zur Ruhe zu kommen.

Das gelingt nur, wenn du nicht nur Symptome dämpfst, sondern Ursachen behandelst:

  • den Darm aufbaust,
  • Nährstoffdefizite ausgleichst,
  • Leber & Entgiftungssystem entlastest,
  • Stress regulierst und
  • das Nervensystem stärkst.

All das sind übrigens zentrale Bausteine meines ganzheitlichen 6-Säulen-Programms, das sich auch bei Histamin-Problemen bewährt hat:

1️⃣ Primärerkrankung behandeln
2️⃣ Stoffwechsel reparieren & Ernährung anpassen
3️⃣ Darmgesundheit (wieder) herstellen
4️⃣ Mikronährstofftherapie
5️⃣ Entgiftungs- & Ausleitungsapparat optimieren
6️⃣ Nervensystem-, Vagusnerv- & Stressregulation

Mein Tipp

Wenn du bei dir den Verdacht auf Histamin-Probleme hast, starte nicht sofort mit einer strengen Eliminationsdiät, sondern mit Ursachenforschung.
Ein Histamin-Tagebuch, Laborwerte (DAO, bioaktives B6, Zink, Kupfer, Glutathion und viele weitere) und ein SIBO-Atemtest liefern wertvolle Hinweise.
Denn nur, wenn du die Auslöser kennst, kannst du gezielt regulieren und musst nicht dauerhaft verzichten.

Weiterführende Ressourcen